Spitzenteams

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Spitzenteams

Projekte werden von Menschen gemacht – diese schlichte Aussage birgt die Erkenntnis in sich, dass es für eine erfolgreiche Projektzielerreichung nicht ausreichend ist, einen passenden methodischen Ansatz zu wählen, sondern dass es auch darauf ankommt, die beteiligten Menschen zu motivieren und zu befähigen, die anstehenden Projekte zum Erfolg zu bringen. Da Projekte sich per Definition als bereichsübergreifende Vorhaben mit einer hinreichenden Komplexität und interdisziplinärem Ansatz verstehen, ist es unausweichlich, dass mehrere Personen in einem gemeinsamen Ansatz an der Zielerreichung arbeiten. Es ist naheliegend, dies in der Organisationsform eines Teams zu tun.

Begriffsabgrenzung

Der Begriff des Teams ist im allgemeinen Sprachgebrauch vielfältig belegt. Angefangen bei Sportmannschaften über so genannte Teams in Unternehmen bis hin zu Projektteams ist es üblich immer dann von einem Team zu sprechen, wenn mehrere Personen mit etwas gleichem befasst sind. Dies führt oft zu falschen oder auch überhöhte Erwartungen und Missverständnissen bei den Beteiligten oder auch Außenstehenden. Deshalb soll hier zunächst der Begriff des Teams präzisiert werden.

Das Team – Begriffsabgrenzung

Das Team – Begriffsabgrenzung

Die soziale Gruppe

Soziale Gruppen gehören zu den ersten Erfahrungen, die wir als Kleinkinder im Zusammensein mit anderen Menschen erleben. Im Mittelpunkt steht die gemeinsame Erfahrung, das Spielerische und die Interaktion mit anderen. Eine Zielorientierung existiert üblicherweise nicht.

Die Arbeitsgruppe

Der nächste Schritt auf dem Weg zu einem Team ist eine Arbeitsgruppe. Arbeitsgruppen sind im beruflichen Alltag der Standard. Im Mittelpunkt der Arbeitsgruppe steht die Erreichung eines definierten Zieles. Die Gruppenmitglieder erbringen eine definierte Zuarbeit, die mehr oder weniger umfangreich sein kann. Die Beziehung der Gruppenmitglieder untereinander ist in diesem Zusammenhang nachrangig, da die Aufgabe klar gegliedert ist und eine Interaktion der Gruppenmitglieder nicht oder nur in geringem Maße notwendig ist.

Das Team

Das (Projekt-) Team hat ähnlich wie die Arbeitsgruppe ein klar definiertes Ziel, das es zu erreichen gilt. Im Gegensatz jedoch zur Arbeitsgruppe ist die Zielerreichung so komplex, dass eine Interaktion der Teammitglieder untereinander unerlässlich ist. Es rückt also die Beziehung der Teammitglieder untereinander neben die eigentliche Zielerreichung in den Mittelpunkt. Da Beziehungen zwischen Menschen nicht „vom Himmel fallen“ müssen sie entwickelt werden, um so die Zielerreichung überhaupt zu ermöglichen. Da zumindest im Rahmen von Projektarbeit die Zielerreichung unter Termindruck steht, ist es erforderlich die Teamentwicklung als einen begleitenden Prozess zur Projektarbeit zu betrachten (was auch ohne Termindruck sinnvoll ist, da dieser Prozess nie abgeschlossen ist, wie weiter unten noch ausgeführt wird).

Spitzenteams

Die Performance von Spitzenteams basiert in der Praxis auf einem gelungenen Mix an Eigenschaften aus, die alle gleichermaßen erfolgsrelevant sind.

Spitzenteams

Spitzenteams

Fähigkeiten
Spitzenteam zeichnen sich dadurch aus, dass sie über die notwendigen fachlichen Fähigkeiten, die für ihre Arbeit wichtig sind, verfügen. Dazu gehöret auch Expertenwissen bzw. die Fähigkeit sich dieses Wissen im Bedarfsfall unkompliziert und zeitnah beschaffen zu können. Ergänzend zu diesen fachlichen Fähigkeiten, verfügen Spitzenteams auch über methodisches Wissen und Prozesskompetenz, wie z. B. Problemlösungswissen und die Fähigkeit zu interagieren und mit anderen Beteiligten interagieren zu können.

Zusammenarbeit
In der Zusammenarbeit zeichnen sich Spitzenteams dadurch aus, dass sie geprägt sind von einer offenen und neugierigen Atmosphäre, die es allen Beteiligten ermöglicht, sich in das Team einzubringen. Dabei bemühen sich die Teammitglieder einerseits ihre Sichtweise klar darzustellen und andererseits die Perspektive zu wechseln und auch andere Sichtweisen aufzunehmen. Dadurch wird es in einem koordinierten Prozess möglich unterschiedliche Perspektiven synergetisch zusammenzuführen und eine win-win-Situation zu erzeugen. Diese Form des Dialogs ist geprägt von gegenseitiger Hilfestellung und wertschätzendem Respekt vor den Ansichten und Beiträgen anderer.

Führung
Teams sind wie oben bereits herausgearbeitet keine basisdemokratischen Gruppen sondern bedürfen der Führung. Spitzenteams zeichnen sich in diesem Zusammenhang allerdings weniger durch ein patriarchalisches Führungsverständnis aus. Führung versteht sich vielmehr als Dienstleistung am Team. Führung hat die Aufgabe die Nahtstelle zwischen Team und Hierarchie in der Organisation zu organisieren, z. B. wenn es darum geht die Ziele des Teams mit den Zielen der Organisation einerseits und den individuellen Zielen der Teammitglieder andererseits in Einklang zu bringen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist es Entscheidungen herbei zu führen und bei Konflikten eine Lösung zu ermöglichen. Dies alles ist bei Spitzenteams geprägt durch eine klare Rollenverteilung sowie eine Wertschätzung und Anerkennung der Teammitglieder durch die Führung des Teams.

Bevollmächtigung
So wichtig eine klare Führung für Spitzenteams ist, so wichtig ist es auch, dass die Teammitglieder in der Lage sind Entscheidungen auf ihrer Ebene selber herbeizuführen. Der Umgang mit Macht ist durch eine geklärte Rollenverteilung souverän und unverkrampft. Teammitglieder sind mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet und können die notwendigen Ressourcen für ihre Arbeit einsetzen bzw. nutzen.

Engagement
Das Engagement der Teammitglieder ist geprägt von persönlichem Einsatz für einen gemeinsamen Zweck. Auch in diesem Zusammenhang sind geklärte Rollen eine wesentliche Voraussetzung. Sie ermöglichen einerseits eine Identifikation mit der Rolle im Team und der Arbeit und andererseits erst die Rollenflexibilität, die notwendig ist, um sich gegenseitig im Team zu unterstützen.

Motivation
Die Motivation in Spitzenteams speist sich auch und vor allem aus dem Spaß, den die Teammitglieder miteinander bei ihrer Arbeit haben. Dadurch entsteht ein Teamgeist, der es auch in schwierigen Situationen ermöglicht, wertschöpfend tätig zu sein und ein gefühl der Zusammengehörigkeit erzeugt.

Ergebnisse
Spitzenteams, die die vorangegangenen Aspekte auf sich vereinen, bringen üblicherweise auch ein außerordentliches Arbeitsergebnis zustande, das einerseits qualitativ hochwertig ist und andererseits auch einen hohen Wertschöpfungsbeitrag zur Organisation leistet. Dies ermöglicht auch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der auf permanente Effizienzsteigerung hin ausgelegt ist.

Das Vorhandensein obiger Erfolgsfaktoren zeichnet Spitzenteams aus. Erfahrungsgemäß sind dies maximal die besten zehn Prozent aller Teams in einer Organisation. Als Steigerung gelten die absoluten Spitzenteams, die neben obigen Erfolgsfaktoren darüber hinaus zwei zusätzliche Eigenschaften haben:

  1. man ist es sich wert gelegentlich in der Freizeit etwas gemeinsam zu unternehmen (persönliche Ebene)
  2. Prozesse und Methoden werden ständig verbessert, selbst wenn sie noch gut laufen (Arbeitsebene)

Praktische Erfahrungen zur Teambildung

In der Projektarbeit haben sich verschiedene Erfahrungswerte ergeben, die einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von Teams haben und die gleichzeitig Hinweise zum Aufbau von Projektteams geben:

  • Je stärker einzelne Personen die Kommunikation im Projektteam aber auch nach außen an sich ziehen, um so geringer ist die Teamleistung. Leistungsstarke Teams haben ein gleichmäßig verteiltes Kommunikationsverhalten.
  • Die Dauer der Teamzugehörigkeit und die Rolle im Team werden durch das Leistungsverhalten und nicht durch das Alter der Projektteammitglieder bestimmt. Junge, leistungsfähige Teammitglieder können sich ohne „Ochsentour“ entfalten.
  • Jedes (Projekt)-Teammitglied braucht Zeit, um seine Leistungsfähigkeit „aufzubauen“ und seine Rolle im Team zu finden und für sich zu klären.
  • Viele Teams neigen dazu, sich genau von den Stakeholdern außerhalb des Projektes zu distanzieren, deren Kontakte für die Teamleistung am wichtigsten sind. Das liegt oft daran, dass diese Stakeholder unbequem und anstrengend sein können. Wichtig für die Bildung leistungsfähiger Teams ist es auch und gerade zu diesen Stakeholdern die Beziehung aufzubauen und zu pflegen.
  • Je größer der Vorgesetzteneinfluss über das Teammitglied auf die Projektarbeit ist, um so geringer fällt die Teamleistung aus. Projektteams benötigen die Freiheit sich zu entfalten und das Projektziel zu erreichen. Der Vorgesetzten-Einfluss sollte über Gremien ausgeübt werden und nicht im Sinne eines Stellvertreters durch die Projektteammitglieder selbst.
  • Häufige Fluktuation im (Projekt-)Team mindert die Leistungsfähigkeit. Um dies zu vermeiden bzw. zu minimieren sollte eine aktive Teambildung betrieben werden.

Das Team als lernende Organisation

Peter Senge beschreibt in seinem Buch „Die fünfte Disziplin“ auf welche Art und Weise sich Teams in lernende Organisationen verwandeln lassen. Dabei identifiziert er einerseits fünf Disziplinen und andererseits aber auch sechs Lernverhinderer.

Das Team als lernende Organisation

Das Team als lernende Organisation

Gemeinsam getragene Vision
Eine gemeinsam getragene Vision benötigt ein Team, um in seinen Aktivitäten einen Sinn erkennen zu können. Wichtig ist auch, dass diese Vision, aus der sich die konkreten Ziele des Teams ableiten lassen, von allen Teammitgliedern als attraktiv empfunden wird und ihre Erreichung unterstützt wird.

Mentale Modelle
Unter mentalen Modellen versteht man die inneren Überzeugungen und Glaubenssätze, die Menschen helfen ihre Umwelt wahrzunehmen, zu bewerten und sich in ihr zu orientieren. Es ist hilfreich, wenn Teams in Bezug auf ihre Arbeit ähnliche mentale Modelle verwenden und sich über diese austauschen und sie gemeinsam weiter entwickeln. So entsteht Kontinuität und Verlässlichkeit. Beides gibt Teammitgliedern Sicherheit und Autonomie im Handeln. Gleichzeitig können mentale Modelle auch negative Implikationen oder Einschränkungen beinhalten, so z. B. Glaubenssätze, dass gewisse Handlungen nicht erlaubt sind, die der Teamentwicklung aber förderlich wären.

Die Herausforderung im Zusammenhang mit mentalen Modellen ist, dass diese oft weder dem einzelnen Teammitglied noch dem Team insgesamt bewusst sind. Um sie bewusst (und damit veränderbar) zu machen, müssen sie explizit erarbeitet werden. Hierzu ist es oft hilfreich externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Systemisches Denken
Systemisches Denken stütz sich auf die Annahme, dass Handlungen in einer komplexen und vernetzten Umwelt nie isoliert voneinander betrachtet werden können und sich immer wechselseitig beeinflussen. Bezogen auf Teams als lernende Organisation bedeutet dies, dass die Teams sich der Auswirkungen ihrer Handlungen oder Unterlassungen bewusst sind und dies bei allen Entscheidungen mit einbeziehen.

Teamlernen
Lernen im Team funktioniert grundsätzlich ähnlich wie individuelles Lernen. Allerdings ist es im Gegensatz zum individuellen Lernen, das oft als impliziter Prozess abläuft, ein Prozess der sinnvoller Weise explizit stattfindet und vom Team bewusst gesteuert wird.

Teamlearning

Teamlearning

Lernen als Team ist ein zyklischer Prozess, bei dem erworbenes Wissen zu vorhandenem Wissen hinzugefügt bzw. mit ihm verbunden wird. Teamlernen lässt sich gut im Rad des Teamlernens abbilden. Demzufolge beginnt Teamlernen mit einem Beratungsprozess, der angestoßen wird, wenn etwas gelernt werden muss, z. B. die Lösung eines bisher nicht aufgetretenen Problems. In einem kreativen Prozess werden verschiedene Lösungsoptionen im Team erarbeitet, die anschließend einer Bewertung unterzogen werden. Im Anschluss an die Bewertung wird die entschiedene Lösung umgesetzt, um dann den Erfolg zu evaluieren. Unabhängig vom inhaltlichen Ergebnis wird hier gelernt, entweder, dass die Lösung taugt und für spätere Problemlösungen bewahrenswert ist, oder dass die Lösung nicht taugt und erneut in den Beratungsprozess eingestiegen wird.

Persönliche Entwicklung
Die vorangegangenen vier Disziplinen einer lernenden Organisation sind alle nur wirksam, wenn auch die fünfte Disziplin, die persönliche Entwicklung betrieben wird. Arbeit in Projektteams verlangt den Teammitgliedern vieles ab. Sie müssen sich ständig mit Neuem auseinandersetzen, stoßen auf Widerstände und Konflikte. Diesen Herausforderungen werden sie auf Dauer nur souverän begegnen können, wenn sie sich auch selbst persönlich weiter entwickeln. Diese persönliche Weiterentwicklung sollte einerseits in einem formalisierten Prozess unter Einbeziehung der disziplinarischen Vorgesetzten und Personalabteilung stattfinden und andererseits auch von jedem einzelnen Teammitglied als eigene persönliche Aufgabe betrachtet werden.

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Die sechs Lernverhinderer

Teamarbeit wird im Unternehmen oft als enorm wichtig dargestellt. In Anbetracht der zu lösenden Herausforderungen und ihrer Komplexität ist dies oft auch zutreffend.

Gerade deshalb ist es wichtig, dass Teamarbeit nicht mystifiziert und überhöht wird. Teamarbeit bringt wie Peter Senge zutreffend beschrieben hat auch einige Risiken mit sich. Diese beschreibt Senge in seinen Thesen zu den sechs Lernverhinderern. Wenn es gelingt diese sechs Lernverhinderer rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu initiieren dann ist Teamarbeit ein wirklicher Zugewinn für das Unternehmen.

Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Arbeit sich auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner abspielt, bestenfalls mittelmäßige Arbeitsergebnisse erzielt werden und Synergieeffekte nicht erschlossen werden können.

“Ich bin meine Position”
Die Betroffenen ziehen sich auf ihren jeweiligen Job zurück und übernehmen keine Verantwortung für das Gesamtergebnis („Ich bin als Entwicklungsingenieur nicht für die Vermarktung zuständig, sondern nur für die Features!“).

“Der Gegner ist draußen”
Da sich für ein Problem immer auch externe Ursachen finden lassen, wird die unbequeme Selbstreflektion vermieden. Die internen Ursachen werden so verdeckt und nicht bearbeitet.

“Illusion der Aktivität”
Macher werden für Ihre anpackende Art bewundert. Wenn sich die Aktivität aber nur auf den externen Gegner bezieht und nicht auch selbstkritisch nach innen wirkt, droht reiner Aktionismus.

“Ereignisfixierung”
Aktuelle, auf uns einstürzende Ereignisse, verdecken den Blick auf das Wesentliche und auf die Initiierung nachhaltiger Veränderungen. Sie drängen uns von der Aktion zur Reaktion.

“Wahnvorstellung des Lernens aus Erfahrung”
Zwar ist Erfahrungswissen wichtig, da es aber oft sehr lange dauert bis die wirklichen Konsequenzen von Fehlentscheidungen sichtbar werden, besteht die Gefahr, Fehlentscheidungen zu reproduzieren.

“Mythos des Managementteams”
In den meisten Organisationen wird der Mythos vom Team aufrecht erhalten. Teams neigen allerdings dazu, alles zu vermeiden, was sie in ein schlechtes Licht rückt. Um den Mythos eines schlagkräftigen und einigen Teams zu erhalten, verstecken sie Widersprüche hinter weichgespülten Kompromissen, die keinem weh tun und grundsätzliche Lösungen verhindern. Man ist oft geneigt, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen.

Teamphasen

Spitzenteams fallen nicht vom Himmel, sie müssen sich als solche entwickeln. Dabei gibt es unabhängig vom Kontext des Teams immer wieder gleiche Phasen, die ein Team durchlaufen muss. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Teamuhr:

Teamphasen

Teamphasen

Wichtig ist es zu wissen, dass keine Phase übersprungen werden kann. Auch wenn dies scheinbar gelegentlich so scheint, stellt sich dann später, meistens zu einem unpassendem Zeitpunkt, das Gegenteil heraus. Leider gibt es auch keine Garantie jemals in der Hochleistungsphase anzukommen. Die Zeit, die zum durchlaufen der einzelnen Phasen notwendig ist, kann allerdings erheblich differieren. So schaffen einzelne Teams den Durchlauf in einigen Monaten, während andere Teams nie aus der Konfliktphase herauskommen und nach Jahren entnervt aufgeben. Beim Durchlaufen der Phasen kommt es einerseits auf eine starke Leitung, die diesen Prozess bewusst steuert und anderseits auf engagierte Teammitglieder an, die sich der Phasen bewusst sind und sich aktiv an der Teambildung beteiligen.

Orientierngsphase – Forming

Im Projektmanagement gibt es eine Erfahrung:

„Sage mir wie Dein Projekt startet und ich sage Dir wie es enden wird.“

Diese Erfahrung bringt zum Ausdruck, wie wichtig es ist, gerade am Anfang die richtigen Weichen richtig zu stellen. Eine hohe Verantwortung hat in diesem Zusammenhang die Teamleitung, die die ersten gemeinsamen Schritte initiieren muss. In Projektteams werden in diesem Zusammenhang oft Kick-off-Workshops veranstaltet, die helfen sich kennen zu lernen, Transparenz in Zielen und Aufgaben zu schaffen und die Spielregeln klären.

Für diese ersten Schritte bietet sich eine externe Begleitung oft an, weil sie eine Rollenkonfusion bei der Teamleitung vermeidet: Es ist für Teamleitungen oft ein große Herausforderung einerseits die Leistungsziele und andererseits den Teamentwicklungsprozess im Auge zu behalten.

In der Orientierungsphase haben sich folgende Maßnahmen bewährt:

  • Durchführung des Kick-off-Workshops
  • Zeit fürs Kennen lernen einplanen
  • Festlegung formeller Spielregeln
  • Klärung der formellen Rollen und Aufgaben
  • Ziele und Aufgaben klären
  • Strukturen und Methoden definieren
  • Infrastruktur schaffen

Konfliktphase – Storming

Die Konfliktphase stellt alle Beteiligten vor eine große Herausforderung. Oft gewinnt das Team den Eindruck, dass es überhaupt nicht mehr vorwärts geht, bzw. man sogar schon einmal weiter war.

Die Leistungsfähigkeit des Teams ist niedrig wenn nicht sogar gleich null.
Konflikte müssen hier gelöst werden, wenn sie unter den Teppich gekehrt werden, kommen sie garantiert zu einem unpassendem Zeitpunkt später wieder zum Vorschein.

Aufgabe der Teamleitung ist es in diesem Zusammenhang einerseits die Einhaltung der vereinbarten Spielregeln einzufordern und die Arbeitsergebnisse zu controllen und andererseits die Teammitglieder ggf. auch in Einzelgesprächen zu befähigen ihren Job zu tun.

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein sich von externen Moderatoren und Supervisoren unterstützen zu lassen, vor allem wenn ein Team sich lange in der Konfliktphase befindet.

In der Konfliktphase haben sich folgende Maßnahmen bewährt:

  • Konflikte offen angehen
  • auf der Sachebene bleiben
  • Einhaltung der Spielregeln einfordern
  • Arbeitsergebnisse fortlaufend controllen und einfordern
  • Ziele und Aufgaben in Erinnerung rufen
  • Strukturen und Methoden implementieren und mit Leben füllen
  • bei Bedarf externe Moderation oder Supervision
  • Einzelgespräche zwischen Leitung und Teammitgliedern
  • Erfolgserlebnisse schaffen

Stabilisierungsphase – Norming

Nach Durchleben der Konfliktphase ist spätestens jetzt eine Würdigung des bisher geleisteten wichtig. dabei kommt es oft weniger auf das wie als vielmehr auf das ob überhaupt an. Ein ehrliches Danke bei einer kleinen Feier oder einem gemeinsamen Essen hat oft dieselbe Wirkung wie ein aufwändiger Incentive.

Nun ist auch die Zeit Ziele und Strategien weiter zu entwickeln, Rollenflexibilität zu üben und sich mit der Teamleistung am Benchmark zu orientieren.

Folgende Maßnahmen haben sich in der Stabilisierungsphase bewährt:

  • Let’s have a Party – Ergebnisse würdigen und feiern
  • Persönliche Stärken und Schwächen Einzelner entwickeln
  • Ziele weiterentwickeln
  • Rollenflexibilität üben
  • Strukturen und Methoden verfeinern
  • Strategien überprüfen
  • Orientierung am Benchmark

Hochleistungsphase – Performing

Teams, die die Hochleistungsphase erreichen, sind in der Lage Synergieeffekte durch eine optimierte Zusammenarbeit zu erreichen. Hier verkehrt man oft auch auf der privaten Ebene miteinander, Aufgaben und Ziele werden weiterentwickelt, man setzt innerhalb der Organisation oder sogar darüber hinaus neue Benchmarks.

Oft werden Hochleistungsteams auch als Katalysatoren eingesetzt, indem man ihr Knowhow und ihre Methodenkompetenz auch anderen Teams zugänglich macht.


Folgende Maßnahmen haben sich in der Hochleistungsphase bewährt:

  • Setzung neuer Benchmarks
  • Steigerung der Effizienz durch Realisierung von Synergien
  • Rollenflexibilisierung
  • Private Ebene fördern
  • Ziele und Aufgaben weiterentwickeln
  • Strukturen und Methoden anderen zur Verfügung stellen
  • Erfolgsstrategien reflektieren

Abschiedsphase – Adjourning

In die Abschiedsphase kommen Teams immer dann, wenn einzelne Mitglieder oder sogar das ganze Team ausscheiden bzw. aufgelöst werden. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang immer den Ausstieg zu organisieren, um ihn so reibungslos wie möglich zu gestalten.

Wenn einzelne Teammitglieder ausscheiden und/oder neue hinzukommen verschieben sich die Teamstrukturen in einer Weise, die das gesamte Team wieder in die Orientierungsphase zurückwirft. Dies geschieht auch bei Veränderungen wesentlicher Umfeldbedingungen des Teams (z.B. Budgetveränderungen, neue Ziele, usw.). Das Positive daran ist, dass der erneute Phasendurchlauf oft deutlich schneller gelingt.

Folgende Maßnahmen haben sich in der Abschiedsphase bewährt:

  • Formelle Verabschiedung organisieren
  • Abschied nehmen
  • Überdenken der Spielregeln
  • Neuverteilung der Rollen und Aufgaben vorbereiten
  • Lessons Learned
  • Strukturen und Methoden definieren
  • bei Projektteams Abschlussworkshop machen
  • Unterlagen und Material übergeben

Konsequenzen für die praktische Projektarbeit

Aus obigen Ausführungen lassen sich einige allgemeingültige Konsequenzen für die Arbeit in und mit Projektteams ableiten. Zum einen ist das die konsequente Beachtung der Teamentwicklungsphasen zum anderen lassen sich aber auch unabhängig davon folgende neun Empfehlungen ableiten:

  1. Teams brauchen Führung
    Sorgen sie dafür, dass Jemand Verantwortung dafür übernimmt, die individuellen Aktivitäten der Teammitglieder und Arbeitspaketverantwortlichen in einem Projekt auf ein gemeinsames Ziel hin auszurichten. Diese Person muss auf der Grundlage des Projektauftrages dazu vom Steuerkreis oder vom Auftraggeber legitimiert sein. Wenn sie nicht sowieso mit disziplinarischer Macht ausgestattet ist, sollten ihre Kompetenzen, Rechte und Pflichten eindeutig und transparent geregelt sein.
  2. Achten Sie auf ein angemessenes Leistungsniveau
    Die Teammitglieder sollten sich anspruchsvollen Zielen orientieren, die aber gleichzeitig Realistisch sind. Ein zu niedriges, am schwächsten Teammitglied ausgerichtetes oder noch niedrigeres Leistungsniveau hemmt Entwicklung und führt schlimmstenfalls sogar zu einer schleichenden Degeneration der Teamleistung. Teammitglieder sind oft selbstkritisch und sollten darin bestärkt werden laufend nach Verbesserung zu streben. Dabei sollten nicht nur die (meist wenigen) großen, sondern vor allem auch die zahlreichen kleinen Verbesserungspotenziale bearbeitet werden.
  3. Fördern Sie Kreativität
    Projektteams sind oft vor außergewöhnliche Herausforderungen gestellt. Sie sollen in kurzer Zeit mit limitierten Ressourcen Neues in die Welt bringen, oft unter schwierigen Rahmenbedingungen. Dies wird dann besser gelingen, wenn Teams auch ungewöhnliche und unkonventionelle Ansätze probieren. Fördern Sie Kreativität indem Sie abweichende Ansätze nicht von vornherein ausschließen („…das haben wir noch nie so gemacht, das hat schon vor 5 Jahren nicht funktioniert, usw.). Schaffen Sie Denkverbote ab und denken Sie Dinge konsequent zu Ende. Schaffen Sie Freiräume in denen z.B. bei Erreichen eines Meilensteines auch unkonventionelle Fragen diskutiert werden, wie z.B. die Frage, wie man das Projektziel noch ganz anders als geplant erreichen könnte.
  4. Vereinheitlichen Sie die Arbeitsmethodik im Team
    Viele Projektteams kämpfen mit oft enormen Reibungsverlusten, weil die Teammitglieder an Banalitäten scheitern wie z.B. das Auffinden eines Dokumentes oder das mehrfache ausfüllen unterschiedlicher Templates mit annähernd gleichem Inhalt. Vermeiden Sie diese Reibungsverluste indem Sie auf eine einheitliche Arbeitsmethodik achten. Reduzieren Sie die zu nutzenden Templates, Formulare und Systeme auf das absolut notwendige Minimum. Fordern Sie dieses Minimum dann aber konsequent ein.
  5. Fördern Sie das Klima im Team
    Sorgen Sie für ein gutes Klima im Team, indem Sie unter Beachtung der jeweiligen Teamphase immer wieder auch geeignete Freiräume zur Schaffung oder Festigung informeller Beziehungen zwischen den Teammitgliedern schaffen. Kehren Sie eventuelle Konflikte nicht unter den Teppich sondern sorgen Sie rechtzeitig für eine Bearbeitung der Konflikte, so dass sich Lösungen unter Gesichtswahrung aller Beteiligten finden lassen, bevor sich Fronten verhärten.
  6. Klären Sie die Organisation im Projekt
    Rollen und Gremien sollten möglichst frühzeitig geklärt werden. Gleichzeitig sollten verbindliche Eskalationswege definiert werden, so dass dies nicht erst beim ersten auftretenden Problem im Projekt mühsam unter Druck nachgeholt werden muss. Außerdem sollten die Informationsflüsse und Berichtswege geklärt und transparent gemacht werden: Wer berichtet zu welchem Anlass was an wen?
  7. Fördern Sie Qualifikation und Personalentwicklung
    Wenn Projektarbeit als Sackgasse oder Durststrecke in der persönlichen Entwicklung empfunden wird, wird die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Teams immer unterdurchschnittlich bleiben. Achten Sie deshalb darauf, dass Kenntnisse und Fähigkeiten unter Berücksichtigung der persönlichen Stärken und Schwächen weiterentwickelt werden. Beschreiben Sie Karrierepfade mit Hilfe des Personalwesens auch im Projekt. Betreiben Sie diese Entwicklung auch im Team.Gerade Projektteams sind fast immer interdisziplinär besetzt. Nutzen Sie diese Know-how-Vielfalt indem Sie den Austausch untereinander fördern. Lassen Sie Menschen miteinander arbeiten, die sich einerseits gut verstehen und andererseits unterschiedliche Hintergründe haben.
  8. Geben und fordern Sie Feedback
    Entwickeln Sie eine Feedback- und Fehlerkultur, die es ermöglicht, Fehler frühzeitig zu identifizieren und die Fehler und Fehlentwicklungen nicht als Versagen sondern als Lernchance betrachtet. Sorgen Sie dafür, dass Kritik jederzeit geäußert werden kann und gehört wird. Das wird dann um so wirkungsvoller möglich sein, wenn Kritik nicht als persönlicher Angriff empfunden wird.
  9. Klären Sie die Außenbeziehungen des Teams
    Achten Sie auf eine klare und sinnvolle Einbindung des Teams in die Gesamtorganisation. Definieren Sie zunächst im Team und dann übergreifend in der gesamten Organisation die Nahtstellen zu anderen Teams und Gremien. Sorgen Sie für eine stetige Pflege der Beziehungen an den Nahtstellen, definieren Sie dafür ggf. Verantwortlichkeiten.
Ausblick

In einer immer komplexeren Welt mit einem zunehmenden Grad an Vernetzung wird das heldenhafte Einzelkämpfertum immer mehr von einer koordinierten Teamarbeit verdrängt werden. Vor allem Projektteams müssen sich steigenden Erwartungen und Anforderungen stellen. Zusammenarbeit auf Zeit unter limitierten Rahmenbedingungen und gleichzeitiger Erreichung ehrgeiziger Ziele wird weiter zunehmen. Organisationen, denen es gelingt, sich diesbezüglich zu optimieren, wird es leichter fallen Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Deshalb wird die Entwicklung leistungsfähiger Projektteams auch in der Zukunft eine entscheidende Rolle in der Projektarbeit spielen.

Letzte Änderung am 26. März 2019 durch Benjamin Bolzmann