Zieldefinition

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Zieldefinition

Mit der sauberen Zieldefinition steht und fällt der Projekterfolg. Diesem essentiellen Schritt muss in der Initiierungsphase von Projekten und im weiteren Verlauf höchste Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Die Teilziele: Time – Cost – Quality

Im Projektmanagement unterscheiden wir im so genannten magischen Dreieck drei voneinander abhängige Zieldimensionen, die im Projekt gleichermaßen angestrebt werden:

Die Teilziele: Time - Cost - Quality

Die Teilziele: Time – Cost – Quality

 

1. Termine (time)

Zeitziele: Wann genau soll das Projekt begonnen und wann beendet werden, was bedeutet das für die einzelnen Teilprojekte und Arbeitspakete? Gibt es fixe Termine, die der Kunde vorgegeben hat, zum Beispiel Erprobungen oder Teilabnahmen. Gibt es Meilensteine, die bereits vom Management definiert worden sind?

 

2. Kosten / Ressourcen (cost)

  • Kostenziele: Welches Budget, welche zusätzlichen Ressourcen wie zum Beispiel Werkzeugstunden, Rechnerkapazitäten usw. dürfen vom Projektteam in Anspruch genommen werden. Welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen mit welcher Qualifikation in welchem Umfang zur Verfügung? Wer entscheidet über ihren Einsatz? Welche Kompetenz hat die Projektleitung, was darf im Projekt entschieden werden, was muss dem Management vorgelegt werden?

3. Ergebnisse (quality)

Welche Ergebnisse müssen in welcher Qualität vorliegen? Was genau gehört zum Leistungsumfang des Projektes, was nicht mehr.

Vom „magischen“ Dreieck spricht man deshalb, weil die Kunst alle drei Dimensionen gleichermaßen zu erreichen in vielen ehrgeizigen Projekten oft nur noch mit magischen Kräften möglich scheint. Dieser sehr subjektiven Wahrnehmung kann natürlich durch eine belastbare Planung vorgebeugt werden.

Die Erreichung von nur einer oder zwei der drei wesentlichen Zieldefinitionen wird zwar in der Praxis oft schon als großer Erfolg dargestellt, kann aber aus Sicht der „reinen Lehre“ nicht genügen.

Zielkriterien SMART

Die Kriterien, die an ein Ziel zu stellen sind, damit es im Projektmanagement verwendbar ist, sind auf fünf wesentliche Kriterien zu reduzieren:

S Ziele müssen spezifisch, eindeutig und positiv beschrieben sein
M die Zielerreichung sollte messbar sein
A für das Projektteam sollte es attraktiv sein, das Projektziel zu erreichen
R das Ziel muss auf realistischer Weise erreichbar sein
T das Ziel muss terminiert sein

Würden diese fünf einfachen Zielkriterien durchgängig eingehalten, gäbe es in vielen Projekten weniger Probleme.

Spezifisch

Eine eindeutige, positive und spezifische Zieldefinition ist wichtig, damit alle Beteiligten die gleiche Vorstellung von dem haben, was erreicht werden soll. So ist „Der Abbau von Arbeitslosigkeit“ oder die „Schaffung von Arbeitsplätzen“ zwar grundsätzlich ein ehrenwertes Ziel, würde im Projektmanagement aber dennoch große Probleme hervorrufen, weil man sich im Nachhinein wahrscheinlich nie darauf einigen könnte, wie viele Arbeitsplätze denn geschaffen werden sollten. Während das Projektteam schon mit einigen wenigen zusätzlichen Arbeitsplätzen zufrieden wäre, hatte der Auftraggeber eigentlich einige hundert erwartet. Im Ergebnis wird man sich nicht einigen können, beide Seiten werden unzufrieden sein.

Messbar

Die Messbarkeit von Zielen ist wichtig, damit die Erreichung oder auch nur Teilerreichung festgestellt werden kann. Nur so kann ggfs. gegengesteuert werden. Messbarkeit kann in diesem Zusammenhang auch bedeuten, dass etwas digital (erreicht oder nicht erreicht) gemessen werden kann. In vielen Bereichen ist eine direkte Messbarkeit nicht gegeben. Dann ist es wichtig zu definieren über welche Ersatzgröße gemessen werden soll. So ist zum Beispiel das Ziel „Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit“ direkt nur schwer messbar. Indirekt könnte es über eine Befragung mit geeigneten Dimensionen oder über eine Beobachtung der Gesundheitsquote (diese korreliert mit der Mitarbeiterzufriedenheit) vor, während und nach dem Projekt gemessen werden.

Attraktivität

Dieses Zielkriterium ist das weichste der fünf Zielkriterien, dennoch aber ebenso wichtig wie die anderen. Projektteams können ehrgeizige Projektziele nur dann erreichen, wenn diese für sie attraktiv, zumindest aber von ihnen akzeptiert sind. Werden Projektteams oder einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu der Erreichung von Zielen gezwungen, mit denen sie sich nicht identifizieren, so führt dies erfahrungsgemäß über kurz oder lang in eine Projektkrise: Ziele können nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand und unter Inkaufnahme von Abstrichen bei der Ergebnisqualität erreicht werden. Ein klassisches Beispiel dafür sind Personalabbauszenarien in Unternehmen: Wenn ein Unternehmen im großen Stil Personal abbauen muss, werden dafür fast immer externe Dienstleister in Anspruch genommen, weil die eigene Personalabteilung gegenüber den Kollegen aus nachvollziehbaren Gründen nicht konsequent genug wäre.

Realistisch

Allem berechtigten Ehrgeiz zum Trotz müssen Projektziele auch realistisch erreichbar sein (mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen in der vorgegebenen Zeit). Ist dies nicht der Fall, entsteht beim Projektteam eine permanente Überforderung, die schließlich in anhaltenden Frusterlebnissen mündet. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings die Abwägung, welches Ziel noch realistisch ist, und welches nicht. Blickt man in die Vergangenheit, so wurden wirkliche Durchbrüche allesamt im Vorfeld für völlig unrealistisch gehalten. Bevor Reinhold Messner zum Beispiel sein Ziel erreichte, alle vierzehn Achttausender ohne Zuhilfenahme von künstlichem Sauerstoff zu besteigen, wurde dies von Medizinern als schlichtweg unmöglich angesehen. Messner selbst steht auf dem Standpunkt, dass es wichtig ist, sich realistisch erscheinende Ziele zu setzen, von denen man auch im Voraus schon eine Vorstellung hat, wie man sie erreichen kann und wird. Gleichzeitig hält er einige wenige Ziele, so genannte „Durchbruchsziele“, für wichtig, von denen man zwar ahnt, dass ihre Erreichung irgendwie möglich sein wird, aber sich die Vorstellung wie genau man sie erreichen wird, erst noch erarbeiten muss.

Terminiert

Die Terminierung der Zielerreichung ist wichtig, um einen genauen Zeitpunkt zu definieren, wann die Zielerreichung gemessen werden soll. Nur so ist es möglich Einigkeit zwischen Projektteam und Management zu erreichen.

Ziele und Flow

Der amerikanische Psychologe ungarischer Abstammung Mihály Csíkszentmihályi hat wissenschaftlich belegt, dass Menschen dann ihre höchste Leistungsfähigkeit abrufen können, wenn sie im Gleichgewicht von Unter- und Überforderung sind. Den sich dann einstellenden Zustand nennt er „Flow“. Er ist vergleichbar mit den Erlebnissen von Ausdauersportlern, die ebenfalls einen „Flow“ beschreiben: Man geht total in seiner Tätigkeit auf, das Umfeld und die Zeit verliert jede Bedeutung, es stellt sich ein Gefühl höchster Zufriedenheit ein. Dieses Gefühl wird gleichermaßen dann gestört, wenn der betreffende Mensch unterfordert wird, d. h. sich mit Trivialitäten beschäftigen muss, oder wenn er total überfordert wird. Für die Projektarbeit bedeutet dies, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst ihrer Qualifikation entsprechend eingesetzt werden sollten. Werden zu ehrgeizige Ziele definiert, steigt die Gefahr des Scheiterns ebenso wie bei zu trivialen Zielen: Das Projektteam würde die Ziele nicht mehr ernst nehmen und dementsprechend vernachlässigen.

Zielerreichung bei komplexen Aufgabenstellungen

Bei komplexen Aufgabenstellungen sind häufig zwei Erscheinungen zu beobachten, entweder eine absolute Überplanung, die dann im Komplexitätsdesaster endet oder ein hilfloser Start nach dem Motto „…fangt schon mal an…“. Beides hilft oft nicht weiter.

Probleme bei der Planung komplexer Sachverhalte

Probleme bei der Planung komplexer Sachverhalte

 

Hilfreich hingegen ist es hier, grobe Phasen zu definieren und diese auch zu beschreiben (mit time, cost, quality). Fein geplant im Sinne einer detaillierten Termin- und Ressourcenplanung wird dann erst einmal nur ein überschaubarer Zeitraum (oft das aktuelle und das kommende Budgetjahr), weil alles andere eher dem Blick in die Glaskugel gleicht.

Verantwortung für die Zieldefinition

Für die Zieldefinition sind gleichermaßen Projektleitung und Management bzw. der Auftraggeber verantwortlich. Einseitige Zieldefinitionen durch das Management werden zwar zunächst oft von der Projektleitung hingenommen, führen aber aus verschiedenen Gründen oft nicht zum erwünschten Erfolg. Dies ist deswegen unwahrscheinlich, weil es zunächst unklug ist, die Kompetenz der Projektleitung nicht zu nutzen. Erschwerend kommt hinzu, dass diktierte Ziele vom Projektteam oft nicht akzeptiert werden und somit ein wesentliches Zielkriterium nicht erfüllt ist.

Wenn hingegen das Management oder der Auftraggeber sich nicht hinreichend genau oder nur unspezifisch festlegt („Fangt schon mal an!“), besteht die Gefahr, dass das Projektteam erst einmal mit ungenügenden Ressourcen in die falsche Richtung losarbeitet und man nach einem halben Jahr oder sogar später feststellt, dass man eigentlich sehr unterschiedliche Zielvorstellungen hat. Dann ist in der Regel schon ziemlich viel Zeit und Geld verbraucht worden und die eigentliche Zielerreichung unnötig anspruchsvoll geworden.